22.01.2016 – Boxkino Leinefelde bleibt bestehen – Akademie Lothar Kannenberg übernimmt Trägerschaft

Auf geht‘s Richtung Olympia 2024: Lothar Kannenberg, Holger Stitz und die jungen Boxer sind froh, dass es in Leinefelde weitergeht. Foto: Fabian Klaus

Leinefelde (Eichsfeld). „Boxen hat mir das Leben gerettet.“ Lothar Kannenbergs Stimme wirkt fest, wie die Stimme eines Kämpfers. Er sagt über sich, dass auch er schwer erziehbar gewesen sei. Viele Jahre liegt das bereits zurück. Denn 2017 feiert Kannenberg seinen 60. Geburtstag.

Auf geht‘s Richtung Olympia 2024: Lothar Kannenberg, Holger Stitz und die jungen Boxer sind froh, dass es in Leinefelde weitergeht. Foto: Fabian Klaus
Auf geht‘s Richtung Olympia 2024: Lothar Kannenberg, Holger Stitz und die jungen Boxer sind froh, dass es in Leinefelde weitergeht. Foto: Fabian Klaus
 

Seine Vita bestimmt sein Handeln. Das wird deutlich, wenn er mit nur wenigen Sätzen darüber spricht, wie er als Jugendlicher gewesen ist. Lothar Kannenberg will Jugendlichen helfen, die im Alltag Probleme haben, für die Begriffe wie Moral und Respekt, aber auch Vertrauen in die eigene Stärke bisher Fremdwörter sind. Kannenberg glaubt daran, dass in jedem jungen Menschen etwas steckt. „Erziehung durch Sport“ heißt das Motto, das im Zusammenhang mit der Akademie Lothar Kannenberg überall zu lesen ist. Er hat dazu ein eigenes Konzept entwickelt. Der Eichsfelder Holger Stitz und Lothar Kannenberg sind diesbezüglich „Brüder im Geiste“. Auch das Leinefelder Boxkino ist ähnlich angelegt, wie die Boxcamps des Lothar Kannenberg. Vor zwei Wochen nun hat das Leinefelder Projekt vor dem Aus gestanden (wir berichteten). Am Donnerstag sitzen Kannenberg und Holger Stitz in den Räumen in der Leinefelder Südstadt – die beiden Boxer lächeln. „Es geht weiter“, verkündet Kannenberg den Sportlern.

16 Standorte mit 1000 Jugendlichen

Viele ganz junge, junge und jugendliche Boxer haben sich aufgemacht. Einige Mütter und Väter stehen im Raum. Sie alle wollen wissen, was nun passiert. In wenigen Worten umrissen: Was Kannenberg und Stitz zu berichten haben, bedeutet für die Zukunft des Leinefelder Boxkinos, dass die Bedingungen für die jungen Sportler besser und die Chancen, vielleicht ganz groß herauszukommen, größer werden. Das Boxkino wird in die Akademie integriert.

 

Mit Leinefelde sind es dann 16 Standorte in ganz Deutschland. Über 1000 Jugendliche treiben hier Sport. Kannenberg selbst generiert die Gelder aus Spenden, hat Anfang der Woche erst verkündet, dass es künftig auch eine Stiftung geben wird. Davon profitiert auch die Einrichtung in Leinefelde. Kannenberg und Stitz kennen sich seit vielen Jahren, haben in der Vergangenheit bereits zusammengearbeitet. „Wir wollten eigentlich über andere Themen sprechen“, erzählt Holger Stitz von einem Telefonat vor etwa zwei Wochen. Kannenberg entgegnet: „Ich habe aber gemerkt, dass etwas mit Holger nicht stimmt.“ Das Telefonat ist genau in die Tage gefallen, als die Schließung des Boxkinos öffentlich wurde. „Ich habe mir gedacht: Das lasse ich nicht zu“, sagt der neue Träger. Schnell war man sich darüber einig, wie kurzfristig geholfen werden kann. Schon am 1. Februar ist die Akademie der neue Mieter der Räume, heute soll ein Bus für die jungen Boxer in Leinefelde eintreffen, auf dem die neue Werbung zu sehen ist. Kannenberg zeigt sich enttäuscht darüber, dass ein solches Projekt davon abhängen sollte, ob bei einer EU-Förderung der Daumen gehoben oder gesenkt wird. In Leinefelde sei viel aufgebaut worden. „Es kann nicht sein, Kindern und Jugendlichen ihre Ziele von heute auf morgen wegzunehmen“, sagt er. Holger Stitz wird der Cheftrainer der Boxer bleiben und auch in den anderen Boxcamps Verantwortung tragen. Die Verbindung zum 1. Eichsfelder Sportclub wollen die Protagonisten ebenfalls erhalten – immerhin ist der junge Leinefelder Club einer der Eckpfeiler des Erfolges. Daniel Meitzner, Vorsitzender des Vereins, freut sich, dass es am Standort des Boxkinos weitergeht. „Die Arbeit, die hier geleistet wird, ist unheimlich wichtig für Leinefelde“, sagt er. Deshalb sei er zwar überrascht von der Entwicklung, aber genauso froh, dass mit der Akademie Lothar Kannenberg „eine Institution“ die Fortführung des Boxkinos realisiere. Pläne für die Intensivierung der Arbeit gibt es. Holger Stitz hat angekündigt, ein Projekt unter dem Titel „Selbstverteidigung für Kinder“ ins Leben rufen zu wollen. Dabei sollen die jüngsten und schwächsten Mitglieder der Gesellschaft aber nicht nur lernen, wie sie sich zur Wehr setzen, wenn ihnen etwas angetan werden soll. Prävention sei ebenfalls ein wichtiger Faktor in dem Projekt. Abgesehen davon bleibt das große Ziel, dass sich die Boxer schon vor einiger Zeit gesteckt haben, bestehen. „Olympia 2024 ist kein Hirngespinst“, sagt Holger Stitz. Er erkennt in einigen der Jungs und Mädels durchaus das Potenzial zur Teilnahme an diesen Spielen. Lothar Kannenberg, der in den 80ern seine aktive Boxlaufbahn begann, kann auf dem Weg dorthin der Partner sein, den die Leinefelder gesucht haben. Das wird in einem Satz deutlich, den er mit noch festerer Stimme sagt, als das eingangs der Fall war: „Das Boxkino soll nie sterben.“

 
Fabian Klaus / 22.01.16 / TLZ