08.08.2016 – IRONMAN Maastricht – Manuel Deußig überglücklich im Ziel

Manuels ausführlicher Rennbericht vom IRONMAN Maastricht

Nach ein paar Tagen der Ruhe und Regeneration kommt hier mein ausführlicher Rennbericht vom vergangenen Wochenende:

Vorbereitung (September 2015 – Juli 2016):

Im September 2015 begann ich nach der üblichen vierwöchigen Saisonpause meine langfristige Vorbereitung für den Ironman Maastricht 2016.

Wenn ich auf die gesammelten Trainingskilometer zurückblicke, ist es schon Wahnsinn, was man so für den längsten Tag des Jahres so auf sich nimmt. Zusammengefasst habe ich zirka 410 Einheiten in 650 Stunden absolviert. Dabei haben sich ungefähr 8500 Trainingskilometer (260 Schwimm-, 4700 Rennrad-, 1400 Mountainbike-, 1900 Lauf- und 260 Wettkampfkilometer) und 415 000 verbrannte Kilokalorien angesammelt. Es gab unzählige Tage, wo ich bereits um 6:00 Uhr oder um 6:30 Uhr ins Wasser sprang. Auch die kurzen Tage in den Wintermonaten und die tägliche Arbeit machten es nicht leicht, das nötige Trainingspensum zu erreichen. Aber irgendwie konnte ich doch immer die wichtigsten Einheiten abspulen.

Auch wenn es sich verrückt anhört, Spaß hatte ich immer. Ich möchte auch keinen Tag davon missen, insbesondere nicht die schönen Trainingstage auf Mallorca oder die tollen Vorbereitungswettkämpfe (Silvesterlauf Bonn, Halbmarathon Bonn, Duathlon Alsdorf, Ironman 70.3 Luxemburg).

Auch das Fernduell mit Niklas Feulner (Anmerkung: Das Internet und die App STRAVA machten es möglich), einem Triathleten aus Kassel, der mit mir gemeinsam in Maastricht an den Start ging, hat mich immer wieder motiviert, am Ball zu bleiben und eventuell noch eine kleine Schippe draufzulegen.

Irgendwann ist dann aber der Tag der Tage gekommen und der Jahreshöhepunkt steht an. Wie bei meiner letzten Langdistanz, der Challenge Roth im Jahr 2014, hatte ich das Gefühl, nicht genug für die anstehenden 226 Rennkilometer getan zu haben. Auch die Vorwettkampfwoche war einfach nur grauenhaft: Wackelige Beine, schlaffe Arme und natürlich die schlechtesten Trainingseinheiten im ganzen Jahr. Ich hatte das Gefühl, dass ich innerhalb von einer Woche alles verlernt habe und meine Form irgendwo ist, aber nicht da, wo sie sein sollte.
Aber der Wettkampf war bezahlt und das Hotel gebucht, also ging es Freitagmorgen nach Maastricht.

Renntag (Sonntag, 31.07.2016):

Nach zwei wirklich entspannten Tagen und dem üblichen Prozedere (Rennregistrierung, Wettkampfbesprechung, Rad- und Wechselbeutelabgabe) klingelte am 31.07.2016 um 4:00 Uhr der Wecker. Mache ich das wirklich freiwillig? Wie fühlen sich meine Beine an? Das waren meine ersten Gedanken. Als ich die Fragen mit ja und gut beantwortet konnte, stand ich auf und versuchte mir irgendwie 2000 Kilokalorien einzuverleiben: Nutella, Erdnussbutter, Honig, Marmelade, Bananen und Toast machten es möglich. Dazu ein „köstliches“ Iso-Getränk und einen löslichen Kaffee. Ein Frühstück für Champions hatte ich mir früher irgendwie anders vorgestellt.

Nach ein paar stressigen Minuten (Ich hätte mich nicht nochmal ein halbes Stündchen hinlegen sollen!) war es dann soweit. Gegen 07:00 Uhr gingen die Profis auf die 3,8 Kilometer lange Schwimmstrecke in der Maas.

Ab 07:15 gab es dann einen Rollingstart für die Agegrouper, also für Niklas und mich. Jede Sekunde ging ein Amateurathlet ins Wasser. Hierdurch wurde die chaotische Startphase, die sog. Waschmaschine, vermieden. Niklas und ich ordneten uns bei einer prognostizierten Schwimmzeit von 01:10 Stunde ein. Während der 15 Minuten Wartezeit fragten wir uns wahrscheinlich beide nochmals, ob wir das wirklich freiwillig machen oder ob ein Frühstück im Hotel nicht die bessere Alternative gewesen wäre. Egal um 07:30 Uhr ging es dann auch für uns richtig los. Ab in die Maas und die ersten 1,7 km gegen die leichte Strömung anschwimmen. Durch den Rollingstart war es für mich sehr einfach, meinen Rhythmus zu finden. An der Schwimmstrecke standen unzählige Zuschauer, insbesondere auf den Brücken. Nach gut 32 Minuten war auch schon der Australien Exit (ein kurzer Landgang am Regierungsgebäude in Maastricht) erreicht und es ging wieder auf den Rückweg Richtung Wechselzone. Da jetzt die Strömung den „richtigen“ Weg nahm, konnte ich den Turbo zünden. Die folgenden 2,1 km schwamm ich fast in derselben Zeit, wie zuvor die 1,7 km. Somit konnte ich mich bereits nach 1:05 h das Wasser der Maas verlassen.

In der Wechselzone verbrachte ich eine gefühlte und tatsächliche Ewigkeit. Da für den Tag äußerst bescheidene Wetterbedingungen vorausgesagt wurden, entschied ich, mich warm einzupacken. In der Nachschau war es die richtige Entscheidung, aber 08:40 Minuten in der Wechselzone sind dennoch eine unfassbar lange Zeit.

Nachdem ich die Ärmlinge, ein Funktionsunterhemd, das Radtrikot, die Socken, das Startnummernband und natürlich den Helm angezogen hatte, ging es dann endlich aufs Rad. Hier erwartete mich ein erster kleinerer Schock: Mein Radcomputer, dessen Halterung sich über Nacht trotz wetterfesten Sekundenklebers gelöst hatte, zeigte an, dass die Batterien für meine Leistungsmesserpedale fast am Ende waren. Toll, das hätte er auch beim Einfahren am Vortrag auch machen können. Meine gesamte Radstrategie basierte auf vorgegebene Wattzahlen und war somit in Gefahr. Das Rad fuhr aber dennoch und wie sich später herausstellen sollte, war noch genug Energie für die ersten 4:30h bzw. 135km auf dem Rad in den Batterien. In den ersten drei Stunden auf dem Rad hieß es Ruhe bewahren. Eine Streckenbesichtigung im Mai hatte bereits gezeigt, dass die Niederlande nicht nur flach sein können. Bereits auf den ersten 30 Radkilometern gab es 300 Höhenmeter, insgesamt verteilten sich 1360 Höhenmeter auf die 182km lange Radstrecke. „Besonders schön“ war der Radstreckenabschnitt in Belgien. Hier wurden sehr viele 90 Grad-Kurven garniert von Waschbetonplatten, Landwirtschaftswegen, Tempohügeln und Regen. Ich habe in einem Triathlonwettkampf noch nie so viele Stürze und Raddefekte gesehen, wie in diesem Rennen. Ich selbst hatte Glück, ich konnte mein Ziel von einer Radzeit von unter 6 Stunden sturz- und defektfrei erreichen. Nach 5:56 Stunden ging es völlig zermürbt von den vielen Schlägen der Waschbetonplatten und Fahrbahnunebenheiten zum zweiten Mal in die Wechselzone.

In der Wechselzone war dann ein weiteres Mal umziehen angesagt: Radtrikot, Funktionsunterhemd, Ärmlinge, Radschuhe aus und Laufoberteil, Visor und Laufschuhe an. Ich freute mich richtig auf den anstehenden Marathonlauf („Marathönchen“), da ich wusste, dass hier meine Stärke liegt. Es waren in der Innenstadt von Maastricht insgesamt vier Runden zu absolvieren. Aber auch hier haben die niederländischen Veranstalter noch ein paar Höhenmeter gefunden, insgesamt 200.

Die ersten beiden Runden vergingen wie im Flug. Ich hatte die angepeilte Pace von 4:57 min/km locker im Griff. Aber ein Langdistanzrennen fängt wohl doch immer so richtig ab Kilometer 21 an. Meine Beine wurden immer langsamer und ich musste Kilometer für Kilometer dagegen ankämpfen. Die überragende Stimmung am Streckenrand pushte mich aber immer weiter. Irgendwann war aber die Motivation komplett wieder da, da mein anvisiertes Ziel, eine Gesamtzeit von unter 11 Stunden, immer realistischer wurde. Letztendlich konnte ich den Marathon noch in 3:36 Stunden abschließen und rannte mit einem dicken Grinsen ins Ziel.

Ich war überglücklich: 10:53:52 Stunden! Der Hammer! Ich konnte es einfach nicht glauben, dass ich mein optimistisch vorformuliertes Ziel trotz der widrigen Bedingungen erreichen konnte.

After Race:

Nachdem ich den ganzen Tag unter so vielen Menschen doch irgendwie nur gegen die widrigen Bedingungen und mich selbst gekämpft habe, wollte ich nur noch eins: Ab zu meinen Supportern!

Auch während des Wettkampfs war ich immer wieder froh, meine Freundin am Streckenrand zu sehen. Ich finde es unglaublich, dass sie fast 11 Stunden immer wieder motiviert dort gestanden hat, um mich anzufeuern oder um tolle Bilder zu machen. Auch in den Wochen vor dem Wettkampf hat sie mich immer unterstützt, sowohl bei irgendwelchen eingebildeten Anflügen von Infekten („Ich glaube, ich werde krank und kann nicht starten!“), als auch mit ihrem Verständnis für die unzähligen Trainingseinheiten, die auch mal zu Lasten der gemeinsamen Freizeit gingen. DANKE!

Zudem waren meine Eltern extra aus Hamburg angereist, um sich mein Rennen anzuschauen. Das war wirklich toll. Auch dafür DANKE!

Ein weiteres Dankeschön geht an den 1. Eichsfelder Sportclub e.V. bzw. das Team TriSicherung: Ein toller und wirklich unkomplizierter Verein mit entspannt coolen Sponsoren, Athleten und Verantwortlichen!

Zuletzt geht auch ein DICKES LOB an meinen Trainer Markus. Große Ziele sind nur mit guten und ganz großen (Trainings-)Plänen zu erreichen! WELTKLASSE!