27.11.2024 – Weltmeisterschaft der Kadetten im Schach in Montesilvano – Jonathan Franz Meitzner spielt gegen die Besten der Welt!

,

Montesilvano/Leinefelde. Wie sich das große Schachtalent aus Thüringen bei den globalen Titelkämpfen in Italien gegen die Weltelite bis in die erste Reihe gespielt hat.

Kann man mit zehn Jahren schon ein alter Hase sein? Kann man, wie Jonathan Meitzner soeben bewiesen hat. Auch wenn der Zehnjährige bei diesem Ausdruck kichern muss.

Angemessen ist die Wortwahl in seinem Fall trotzdem. Denn Meitzner hat jetzt im italienischen Montesilvano in der Provinz Pescara bereits seine zweite Weltmeisterschaft und schon sein drittes großes internationales Turnier gespielt.

Meitzner gilt als größtes Thüringer Talent seit mehr als 20 Jahren

Der Schachspieler, der als größtes Thüringer Talent seit gut 20 Jahren gilt, trat in Italien in der Altersklasse U10 gegen die Weltelite an. Und bewies gegen die besten Schachspieler, die es in dieser Konkurrenz auf dem Planeten gibt, dass er mithalten kann. Und sogar noch mehr.

Nach elf Tagen und elf Duellen mit vier Siegen, drei Unentschieden und vier Niederlagen landete Meitzner, der sich als Sechster der Deutschen Meisterschaften für die WM qualifiziert hatte, im 162 Teilnehmer großen Feld auf einem starken Mittelfeldplatz. Dass der zehnjährige Leinefelder Gymnasiast, der die fünfte Klasse besucht, damit nicht vollends zufrieden war, beweist nur seinen Ehrgeiz und den Anspruch, den er an sich selber hat.

„Ein bisschen enttäuscht war er kurz danach schon. Er wollte mehr, weil er gemerkt hat, dass noch mehr geht“, erklärte sein Vater Daniel, der seinen Filius nach Italien begleitete und vor Ort mit fieberte. „Es waren unglaublich intensive, spannende und emotionale Tage“, erklärte er: „Ich bin unheimlich stolz auf ihn.“

Anfangs sorgt der Leinefelder für Furore und ist der beste deutsche WM-Starter

Zurecht, denn sein Sohn, der vor zwei Jahren bereits bei der U8-Europameisterschaft in der Türkei und im selben Jahr auch bei der Blitz- und Schnellschach-WM in Griechenlandgestartet war, zeigte in all seinen Partien, wie groß sein Potenzial ist. Anfangs sorgte er für mächtig Furore, war nach seinen Auftaktsiegen zwischenzeitlich sogar bester deutscher WM-Starter aller Altersklassen.

Im innerdeutschen Duell gegen den aktuellen nationalen Vizemeister setzte sich der junge Eichsfelder durch, lag zwischenzeitlich soweit vorne, dass er von 81 Brettern am sechsten Platz nehmen durfte. Einmal in der ersten Reihe spielen, davon hatte Meitzner geträumt.

Und selber dafür gesorgt, dass aus dem Wunsch traumhafte Realität wurde. Als der Zehnjährige erfuhr, dass er in der siebten Runde gegen den stärksten US-Amerikaner würde antreten müssen, da „bin ich vor Freude auf dem Bett herumgehüpft“.

In den Spielen gegen seine Gegner aus der Mongolei und Kolumbien lieferte er sich bei seinen jeweiligen Unentschieden „richtige Schlachten“, wie der zehnjährige WM-Teilnehmer begeistert berichtete. Vorher war Meitzner strengen Sicherheitskontrollen („Wie am Flughafen“) unterzogen worden. Jeder WM-Starter wurde genau kontrolliert, um etwaigen Täuschungsversuchen wie Benutzen des Handys zuvorzukommen.

Stunden am Strand und Fußball dienen zur Ablenkung, aber „Urlaub war das nicht“

Inklusive Vor- und Nachbereitung standen in Italien pro Tag für den Zehnjährigen, der sich vorab mit seinem Trainer Raiko Siebert aus Stadtilm für die globalen Titelkämpfe präpariert hatte, zwischen sechs und acht Stunden Schach auf dem Tagesplan. Bei angenehmen knapp 18 Grad und Sonne ging es zur Ablenkung auch mal ein paar Stunden an den Strand oder es wurde Fußball gespielt. Dennoch: „Urlaub war das nicht“, bekräftigte Jonathan Meitzner.

Dessen WM-Leistung in einem noch helleren Licht strahlt, wenn man bedenkt, dass die Spitzenleute aus Ländern, in denen Schach einen höheren Stellenwert als in Deutschland besitzt, schon in seinem Alter bis zu sechs Stunden täglich trainieren und eine Handvoll Trainer haben.

Der Fünftklässler aus Leinefelde kommt dagegen auf zwei Übungseinheiten in der Woche. Er bewies aber, dass er mit den Weltbesten konkurrieren kann. Auch wenn es am Ende nicht zu einer vorderen Platzierung reichte. Das war jedoch auch der ungewohnt kurzen Matchzeit geschuldet: Statt 120 dauerte jede Partie nur 90 Minuten.

Mehr Zeitdruck in Duellen gegen die Elite, die ohnehin schon hochintensiv sind

Das war eine Umstellung für Meitzner. Und bedeutete mehr Zeitdruck in den Duellen, die ohnehin hochintensiv waren. Kleine Ungenauigkeiten werden auf diesem Niveau sofort bestraft. Doch der Eichsfelder WM-Starter will die gesammelten Eindrücke nutzen, um die nächsten Schritte in seiner Entwicklung zu gehen.

Mit seinen zehn Jahren stehen für ihn in Zukunft noch viele weitere wichtige und hochrangige internationale und nationale Turniere an. Genug Zeit also, um weitere wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Auch wenn er ja eigentlich schon ein alter Hase ist.

Christan Roeben